Eher im Stillen berät Christian Pander im Ausschuss Sport Preußen Münster. Nach seiner Karriere als Fußballprofi ist der 39-Jährige inzwischen selbstständiger Mentaltrainer – dabei war sein erster Kontakt zu einem Sportpsychologen kein besonders guter – Text und Titel-Foto von Thomas Austermann für die WN

Die zweite Karriere als selbstständiger Mentaltrainer hat Christian Pander längst gestartet. Und ist als Berater öfter für Preußen Münster tätig, als dies nach außen hin kommuniziert wird. Jetzt sprach der 39-jährige Ex-Fußballprofi beim vierten Treffen des beim Adlerclub angesiedelten Fußball-Netzwerk Münsterland mit dessen Antreiber Janis Hohenhövel, der als Moderator 60 Gäste im Stadion-Inneren begrüßte, über Herausforderungen, „für die ich nie gemacht war“, und die Notwendigkeit, Fußballern während ihrer Karriere zu helfen.

Pander macht nur den berühmten Katzensprung bis zu Hammer Straße, bis zu „seinem Verein.“ Hier war er Juniorenkicker, bevor er 2001 zur U 19 des FC Schalke 04 wechselte. In dessen Dress betrat er eine neue Welt. Der erwachsene Pander wurde königsblauer Profi. Ein richtig guter. „Die Wohnung in Gelsenkirchen hab‘ ich kaum genutzt, ich bin meistens heim gefahren“, sagt der Bodenständige, der sich in seinem münsterischen Kreis am wohlsten fühlte.
Pander hat elf Operationen hinter sich
Bekannt ist, wie oft und wie lange Pander geplagt wurde von langfristigen Blessuren. Elf Operationen musste er über sich ergehen lassen, alleine sechs am Knie. 141 Erstligaspiele, gegen Karriere-Ende auch für Hannover 96, waren zu wenige angesichts seines sportlichen Vermögens. Oft setzte er monatelang aus. Bei den vielen Rückschläge im seelischen Gleichgewicht zu bleiben, ist schwierig. „Ich war 21, als ich mal mit einem Sportpsychologen zusammen saß. Damals brachte mir das nichts – weil es nicht passte zwischen uns beiden“, sagt er heute. Als wertvoller empfand der Außenspieler das Wort eines Physiotherapeuten. „Der riet mir während einer Behandlung, mal abzuschalten. Ich sollte Urlaub machen. Tatsächlich löste das eine Blockade.“

Der an sich größte Tag seiner Karriere sollte große Auswirkungen nach sich ziehen. Auch unerwünschte. Am 22. August 2007 stand er endlich im Nationalteam, berufen von Jogi Löw und zusammen mit Kollegen wie Lahm, Mertesacker oder Hitzlsperger. In Minute 40 hämmerte er in Wembley den Ball so fulminant mit links aus 20 Metern ins Netz zum 2:1, dem Siegtreffer gegen Gastgeber England, dass sich alle Scheinwerfer auf ihn richteten. „Und das war mir unangenehm. Ich war nie der Typ, der im Mittelpunkt stehen wollte. Für die erste Reihe war ich nicht gemacht.“
Pander versuchte, sich und sein Privatleben abzuschirmen. Klappte nicht immer. „Einmal stand ein Stalker vor dem Haus, ich musste die Polizei rufen.“ In den Social-Media-Zeiten von heute hätten Spieler „eine viel höhere, auch von ihnen selbst potenzierte Aufmerksamkeit“ auszuhalten. „Eine Riesengefahr und eine Chance zugleich – denn die Spieler können auf ihren Kanälen auch etwas geraderücken.“
Lizenz zum Mentaltrainer folgte auf Profi-Karriere
Als 2015 mit Fußball Schluss war, „fiel ich in ein Riesenloch. Dabei sollte doch die schönste Zeit nach dem ganzen Stress erst kommen.“ Pander studierte Sportmanagement, blieb sattelfest dank der Hilfe der Familie und den besten Freunden. Die Lizenz zum Mentaltrainer folgte. Seit vier Jahren ist er selbstständig und wird zusammen mit „Mentaletics“-Geschäftspartner Sharon Paschke auch von Unternehmen gebucht für Workshops und Seminare. „Ich möchte für andere derjenige sein, der mir damals fehlte“, sagt Pander und bietet Sportlern an, „mentale Stärke zu trainieren. Noch ist das vielfach Neuland.“ Solches betritt er selbst als Buchautor. In Kürze erscheint „Das Fußball-Mindset“, seine offizielle Biographie und zugleich ein Ratgeber.
Eher im Stillen berät er in einem Ausschuss Sport die Verantwortlichen des SC Preußen. Bei Bedarf. Sportchef Peter Niemeyer, den Pander schon seit Jahren kennt und schätzt, zählt ja auf Meinungen anderer Experten.
Experten sprechen über Wertebildung und Charisma
Preußen-Fan und Preußen-Berater zugleich ist Ralf Lanwehr, der als Professor an der FH Südwestfalen in Meschede die Themen Führung und Transformation zu seinen macht, für Bundesligaclubs Strategiefragen zu beantworten versucht sowie Bundesliga-Trainer und -Manager schult.

Beim Netzwerktreffen wagte er sich leidenschaftlich daran, „in 35 Minuten eine Druckimpfung“ zum Thema Charisma zu verabreichen. Ein Bereich, das sich in Unternehmen monatelang besprechen ließe. Die besondere Ausstrahlung eines Menschen sei „teils erlernbar“ und unbedingt „wertebasiert“, in jedem Fall aber der „größte Hebel“ für Führungspersönlichkeiten. Trainerinnern und Trainer gehören zu solchen, wenn sie denn die Bereiche Rhetorik, Auftreten, Ziel und Werte ausbilden. Lanwehr rät allen: „Probiert euch aus, reflektiert eure Werte, vergleicht Selbst- und Fremdbild.“

Verena Muckermann war eingeladen, um das von der Bertelsmann-Stiftung betreute und wissenschaftlich evaluierte Projekt „TeamUp!“ zu erläutern. Die Westfalenauswahltrainerin und Referentin des westfälischen Verbandes FLVW beschrieb die „wertebildende Jugendarbeit“ als zentralen Faktor – und nicht die von oben herab erfolgte „Wertevermittlung“. Das Projekt, dessen Inhalte bereits in die Trainerausbildung einfließen, fördert den Prozess, eigene Werte zu entwickeln und damit Identifikation zu schaffen. In jeder Gruppe sei es möglich, die Persönlichkeitsentwicklung von Jugendlichen zu unterstützen und damit ein respektvolles Miteinander zu fördern. Im Verein, in der Gesellschaft.
Titel-Foto und Text: Thomas Austermann für die Westfälischen Nachrichten am 06.12.2022 (https://www.wn.de/sport/lokalsport/preussen-muenster/preussen-muenster-christian-pander-schalke-04-regionalliga-west-fussball-2671609)
Weitere Fotos findet ihr hier: https://fotos.sportfotografie.ms/fussball-netzwerk-muensterland-treffen-4/
Die Präsentation von Verena zum TeamUp! Projekt findet ihr hier: